Weltcupsieg für Ahumada / Schäuble - Silber für Gulich / Röösli
Artikel - Weltcupsieg für Ahumada / Schäuble - Silber für Gulich / Röösli
Der Frauen-Doppelvierer verpasste das Podium nur hauchdünn und belegte den vierten Rang. Ebenfalls starker Vierter wurde der Männer-Doppelvierer. Claire Ghiringhelli sicherte sich im Para-Einer den fünften Rang. Zusammen mit der Silbermedaille von Andri Struzina vom Samstag kehrt das SWISS ROWING Team mit drei Medaillen und sechs Booten in den Top Five vom Weltcup in Varese zurück.
Bildergalerie Weltcup II Varese, Sonntag, 18.06.2023 (FotografInnen: Detlev Seyb, Maren Derlien)
Erneut wartete am Lago die Varese ein heisser Tag auf die Finalteilnehmenden. Auch am Abschlusstag des Ruder-Weltcups machte ein konstanter Schiebewind die Rennen schnell und sorgte für neue Weltbestzeiten.
Raphaël Ahumada und Jan Schäuble, ihres Zeichens frischgebackene Europameister und Führende im Gesamt-Weltcup, hatten tags zuvor im Halbfinal durch den Sieg Frankreichs einen Weckruf erhalten und ihre Hausaufgaben gemacht. «Heute war unser Plan, allen zu zeigen, dass wir die stärksten sind» sagte Jan Schäuble nach dem Rennen. Diesmal wollten sie der Konkurrenz keinen Grund zum Angriff geben. Erwartungsgemäss startete das Finalrennen mit engsten Abständen. Als nach 500 Metern alle sechs Boote die Abschnittsmarke innerhalb von gerade mal 0,80 Sekunden passierten, war allen klar, heute ist alles offen. Raphaël Ahumada und Jan Schäuble lagen da auf dem vierten Zwischenrang hinter China1, Frankreich und Lokalmatador Italien.
Im zweiten Streckenabschnitt waren es dann aber die Schweizer, die den schnellsten Bootspeed entwickelten. Je länger je mehr hob sich die Schweizer Bootsspitze von der Konkurrenz ab. Bei Halbzeit hatte sich mit der Schweiz, Italien und Frankreich das Trio herauskristallisiert, welches später das Podium bekleiden sollte. Ahumada / Schäuble hielten den Druck hoch und vergrösserten in der Folge ihren Vorsprung, ganz im Wissen um die Sprintkraft von Italien und Frankreich. «Auf den letzten Metern büssten wir noch etwas für diesen Effort, aber das hatten wir einkalkuliert. Unser Plan ging eigentlich exakt auf», freute sich Jan Schäuble.
Je weiter sich die Schweizer absetzten, desto weniger mussten sie mit einer zusätzlichen Attacke rechnen. Die Lokalmatadoren aus Italien wurden zudem von Frankreich gefordert und auf den letzten Rennmetern überspurtet. Raphaël Ahumada und Jan Schäuble aber feierten - neben dem Europameistertitel vor drei Wochen - nun ihren zweiten Weltcupsieg des Jahres. Damit nicht genug: Das Duo sicherte sich damit bereits vorzeitig den Sieg im Gesamt-Weltcup.
Zweier-ohne: Andrin Gulich / Roman Röösli holen Silber und bleiben Leader im Gesamt-Weltcup
Es gibt Sportler, die nehmen das Wort Revanche nicht gerne in den Mund. Aber es roch durchaus nach Revanche, als Oliver Wynne-Griffith und Tom George heute wie von der Tarantel gestochen ins Finalrennen des Riemenzweiers stachen. Andrin Gulich und Roman Röösli antizipierten gut, hechteten hinterher und blieben auf der ersten Rennhälfte mit einer halben Bootslänge Rückstand stets in Tuchfühlung der Briten. «Die ersten tausend Meter kosteten uns heute viel Kraft», sagte Roman Röösli nach dem Rennen. «Das spürten wir, als die Briten auf der zweiten Hälfte den Druck erhöhten.» Dies konnten die Briten jedoch nicht wissen. Sie hatten an der EM in Bled schmerzlich erfahren müssen, wie die Schweizer einen solch kleinen Rückstand schnell mal in einen Vorsprung umwandeln können. Kurz nach der Halbzeit erhöhten die Briten den Druck und schafften offenes Wasser zwischen sich und dem Schweizer Boot. «Technisch war heute noch etwas Luft nach oben», gab Roman Röösli nach dem Rennen unumwunden zu, was aber dem Rennverlauf keinen Abbruch tat. Bei Top-Bedingungen jagten sich die Boote über die Strecke – und plötzlich war da Australien, das sich immer näher an die Schweizer heranpirschte. «Die Australier hatten wir auf dem Radar», gab Roman Röösli Entwarnung. Bei der 1500-Meter-Marke lagen die Australier nur noch eine halbe Sekunde hinter Gulich / Röösli. Das Tempo war hoch, der Druck nahm zu. Auf dem letzten Streckenabschnitt legten sich die Schweizer nochmals in die Riemen, konterten den Angriff von Australien und erhöhten den Vorsprung. Damit sicherten sich die Europameister die Silbermedaille in einem Finalrennen, bei dem die Briten eine neue World Rowing Cup-Bestzeit aufstellten.
Frauen-Doppelvierer: 4. Rang im Photofinish
Der Photofinish war heute ungnädig mit dem Frauen-Doppelvierer. Um gerade mal 0,13 Sekunden verpassten Célia Dupré, Pascale Walker, Lisa Lötscher und Fabienne Schweizer die Bronzemedaille in einem hochspannenden Weltcup-Finalrennen. Die Schweizerinnen starteten schnell und blieben länger als alle anderen Boote in den hohen Startschlägen. Der Rhythmus stimmte. China1 und Grossbritannien suchten die Führung, aber Frankreich, die Schweiz und Deutschland hielten dagegen. Bei Rennhälfte hatten sich China und Grossbritannien etwas abgesetzt, Frankreich war auf den fünften Rang zurückgefallen, aber nur 0,06 Sekunden trennte die Schweizer Crew vom drittplatzierten Deutschland und dem Weltcup-Podium. Bug an Bug mit Deutschland ging es weiter über die Strecke. Bei der 1500-Meter-Marke hatte Deutschland den Vorsprung auf 0,40 Sekunden erhöht, was die Schweizerinnen aber nicht auf sich sitzen lassen wollten. Sie holten zum grossen Endspurt aus und steigerten die Schlagzahl. China1 war der Sieg nicht mehr zu nehmen. Grossbritannien lag klar auf Silberkurs, aber wer würde Bronze gewinnen? Die Schweizerinnen warfen sich mit aller Kraft ins Ziel, verpassten das Podium hauchdünn und werden beim Weltcup-Final anlässlich der LUCERNE REGATTA einen neuen Anlauf nehmen.
Männer-Doppelvierer: 4. Weltcup-Rang und starke Wochenendbilanz
Der Männer-Doppelvierer mit Maurin Lange, Nils Schneider, Jonah Plock und Dominic Condrau führte im heutigen A-Final die Strategie mit dauerhaft hohem Streckenschlag fort, mit der die Crew tags zuvor im Hoffnungslauf beeindruckt hatte. Das war auch nötig. Die Lokalmatadoren aus Italien zündeten vom ersten Rennmeter an ein Feuerwerk und boten auf der ersten Rennhälfte eine Machtdemonstration, die vom italienischen Publikum frenetisch bejubelt wurde. Die Schweiz startete vorerst auf dem fünften Zwischenrang, um noch vor Streckenhälfte das Boot aus Deutschland hinter sich zu lassen. Auf dem vierten Rang liegend mussten die Schweizer indessen mitansehen, wie sich der Abstand zu Grossbritannien, das sich auf Podiumskurs befand, trotz grossem Effort vergrösserte. Vorneweg übernahmen die Polen das Zepter, Italien legte nach und Grossbritannien sicherte sich den Bronzeplatz. Die Schweiz belegte den 4. Weltcup-Rang und darf auf ein starkes Weltcup-Wochenende zurückblicken.
Claire Ghiringhelli: 5. Rang in einem Rennen mit neuer Weltbestzeit
Claire Ghiringhelli bestritt im Para-Einer heute ihren ersten Weltcup-Final und ruderte zudem in einem Rennen, bei dem durch Birgit Skarstein aus Norwegen eine neue Weltbestzeit aufgestellt wurde. An den vier weltbesten Einer-Ruderinnen im Parasport gab es zwar auch heute kein Vorbeikommen. Claire Ghiringhelli aber nutzte die Top-Bedingungen am Vormittag, um sich kontinuierlich weiter an die wettkampferprobten Para-Ruderinnen heran zu kämpfen.
Drei Schweizer Boote hatten früher am Morgen in den B-Finals um die Ränge 7-12 gerudert:
Männer-Riemenvierer: Start-Ziel-Sieg und 7. Weltcup-Rang
Dass der Vierer-ohne mit Kai Schätzle, Patrick Brunner, Tim Roth und Joel Schürch eigentlich aus A-Final-Holz geschnitzt wäre, bewies die Crew im heutigen B-Final. Die Enttäuschung über die knappe Nicht-Qualifikation am Vortag machte die Schweizer Crew mit einem souveränen Start-Ziel-Sieg wett. Keinen Moment lang liess sie im heutigen B-Final Zweifel an ihren Ambitionen aufkommen. Der Start sass. Das Boot setzte sich an die Spitze, um diese Position das ganze Rennen hindurch nicht mehr abzugeben. Im Gegenteil. Mit sauberem Rhythmus auf hohem Streckenschlag bauten die Schweizer ihren Vorsprung auf Deutschland kontinuierlich von vorerst 0,51 Sekunden bei der 500-Meter-Marke auf fast drei Sekunden im Ziel aus und kontrollierten das Rennen souverän von der Spitze aus. Damit belegte der Riemenvierer in Varese den 7. Weltcup-Rang.
Frauen-Doppelzweier: Sofia Meakin und Salome Ulrich mit 5. Rang im B-Final
Im B-Final des Frauen-Doppelzweiers lief das Rennen vorerst genau nach Plan der Schweizerinnen. Sofia Meakin und Salome Ulrich lagen bei Halbzeit mit einem Rückstand von 1,36 Sekunden hinter Deutschland auf dem zweiten Zwischenrang. Eine perfekte Ausgangslage. Aber nur 33 Hundertstelsekunden nach den Schweizerinnen überquerte Kanada die Halbzeitmarke. Im dritten Streckenabschnitt erhöhten Kanada, Grossbritannien und Italien den Druck. Die Schweizerinnen hielten erfolgreich dagegen. Die 1500-Meter-Marke passierten die Boote aus der Schweiz und Kanada exakt zeitgleich mit 2,95 Sekunden Rückstand auf Deutschland. Dann aber liessen die Italienerinnen einen beeindruckenden Endspurt folgen und rangen sowohl Kanada als auch die Schweiz nieder, um sich den zweiten Rang hinter Deutschland, aber noch vor Kanada zu schnappen. Auch Grossbritannien konnte nochmals Energien freisetzen und verwiesen Sofia Meakin / Salome Ulrich im Endspurt auf den 5. Rang. Dieser entspricht dem 11. Weltcup-Rang.
Frauen-Doppelzweier der Leichtgewichte: 4. Rang im B-Final
Im B-Final des Leichtgewichts-Doppelzweiers reihten sich Eline Rol und Olivia Nacht bereits im ersten Streckenviertel auf dem vierten Zwischenrang ein. Die Führung gehörte Polen, während sich dahinter USA2 und Australien als Verfolgerboote etablierten. Nach Rennhälfte übernahmen die Amerikanerinnen die Spitze, Polen gab aber noch nicht auf. Kurz vor der 1500-Meter-Marke kam Bewegung in die Verfolgerboote. Deutschland war vom sechsten Zwischenrang kommend aufgerückt, hatte zwei Positionen gut gemacht und damit auch die Schweiz überholt. Rol / Nacht konterten, erhöhten ihrerseits den Druck und gingen in einen langen Endspurt über. Sie eroberten den vierten Rang zurück und bedrängten gar noch das vor ihnen kämpfende Australien. Es blieb schliesslich beim vierten Rang, was dem 10. Weltcup-Rang entspricht.
Resultate Weltcup Varese, Sonntag, 18.06.2023:
Para-Einer (PR1 W1x)
A-Final
1. Birgit Skarstein (NOR) 09:47.83; 2. Moran Samuel (ISR) 09:51.86; 3. Nathalie Benoit (FRA) 10:06.12; 4. Anna Sheremet (UKR) 10:25.25; 5. Claire Ghiringhelli (SUI) 10:30.35; 6. Eva Mol (NED) 11:04.57
Doppelzweier Frauen (W2x)
B-Final
1. Maren Voelz / Leonie Menzel (GER) 06:55.06; 2. Clara Guerra / Stefania Buttignon (ITA) 06:57.40; 3. Marilou Duvernay Tardif / Katie Clark (CAN) 06:57.51; 4. Lucy Glover / Saskia Budgett (GBR) 06:57.89; 5. Sofia Meakin / Salome Ulrich (SUI) 06:59.02 (=> 11. Weltcup-Rang); 6. Katarzyna Boruch / Joanna Dittmann POL) 07:07.84
Doppelzweier Frauen Leichtgewichte (LW2x)
B-Final
1. Mary Jones / Audrianna Boersen (USA2) 06:50.76; 2. Jessika Sobocinska / Wiktoria Kalinowska (POL) 06:53.17; 3. Lucy Coleman / Anneka Reardon (AUS) 06:58.01; 4. Olivia Nacht / Eline Rol (SUI) 06:58.80 (=> 10. Weltcup-Rang); 5. Johanna Reichardt / Marion Reichardt (GER) 06:59.72; 6. Jiangli Hu / Wenxia Zhang (CHN2) 07:00.80
Doppelvierer Frauen (W4x)
A-Final
1. China1 06:08.87; 2. Grossbritannien 06:09.38; 3. Deutschland 06:12.35; 4. Schweiz (Célia Dupré, Pascale Walker, Lisa Lötscher, Fabienne Schweizer) 06:12.48; 5. Italien 06:18.18; 6. Frankreich 06:23.22
Zweier ohne Steuermann Männer (M2-)
A-Final
1. Thomas George / Oliver Wynne-Griffith (GBR) 06:13.15; 2. Andrin Gulich / Roman Röösli (SUI) 06:16.17; 3. Joseph O'Brien / Angus Dawson (AUS) 06:17.79; 4. Pieter Quinton / Justin Best (USA1) 06:22.60; 5. Anton Loncaric / Patrik Loncaric (CRO) 06:27.52; 6. Eli Brouwer / Pieter van Veen (NED) 06:27.86
Doppelzweier Leichtgewichte Männer (LM2x)
A-Final
1. Raphaël Ahumada / Jan Schäuble (SUI) 06:09.65; 2. Ferdinand Ludwig / Hugo Beurey (FRA) 06:10.97; 3. Gabriel Soares / Stefano Oppo (ITA) 06:11.11; 4. Man Sun / Junjie Fan (CHN1) 06:14.72; 5. Jonathan Rommelmann / Paul Leerkamp (GER) 06:17.46; 6. Bohao Zhu / Zikang Yao (CHN2) 06.18.35
Vierer ohne Steuermann Männer (M4-)
B-Final
1. Schweiz (Kai Schätzle, Patrick Brunner, Tim Roth, Joel Schürch) 05:55.85 (=> 7. Weltcup-Rang); 2. Deutschland 05:58.83; 3. Frankreich2 06:01.05; 4. Polen 06:03.49; 5. Italien1 06:03.98; 6. China2 06:11.19
Doppelvierer Männer (M4x)
A-Final
1. Polen 05:35.54; 2. Italien 05:36.18; 3. Grossbritannien 05:37.40; 4. Schweiz (Maurin Lange, Nils Schneider, Jonah Plock, Dominic Condrau) 05:42.92; 5. Deutschland 05:43.65; 6. Australien 05:50.57
18.06.2023 / vdg / 16.10h