«Mir schlug es das Ruder aus der Hand»

«Mir schlug es das Ruder aus der Hand»

Artikel - «Mir schlug es das Ruder aus der Hand»

Ein Ruderfehler liess die Medaillenträume von Leichtgewichtsruderer Andri Struzina nach rund 700 Metern jäh platzen.

Als Viertplatzierte des Halbfinals verpasste Jeannine Gmelin erstmals seit sieben Jahren den Einzug in den WM-Final der besten sechs Boote und rudert am Sonntag im B-Final um die Ränge 7-12. Ebenfalls im B-Final rudert der Frauen-Doppelzweier mit Fabienne Schweizer und Nina Wettstein. Vier Schweizer Boote kämpfen am Samstag an der Ruder-WM in Racice um WM-Medaillen.


==> Bildergalerie WM Racice, Freitag, 23.09.2022 (Fotos: Detlev Seyb / Maren Derlien)


Dichter Nebel begrüsste die WM-Ruderinnen und -Ruderer am Freitagmorgen auf der Regattastrecke in Racice. Während sich der Nebel noch vor dem ersten Rennen lichtete, trübte sich die Stimmung der Schweizer Ruder-Delegation im Verlaufe des Tages.  

Andri Struzina: im A-Final des Leichtgewichtseiners gekentert
Mit seiner EM-Bronzemedaille im leichten Einer gehörte der Zuger Andri Struzina auch an den Weltmeisterschaften zum Kreis der Medaillenanwärter. Seine Qualifikation für den A-Final war eine logische Folge eines abgeklärten und stark geruderten Halbfinalrennens gewesen. Das Finalrennen von Andri Struzina am Freitagnachmittag hätte ein erster Höhepunkt der Schweizer Ruder-Delegation in Racice werden können. Die Medaillenträume lösten sich indessen bereits vor der Streckenhälfte jäh in Luft auf. «Ich touchierte mit einem Ruder eine Boje», sagte Andri Struzina zurück an Land enttäuscht. «In der Folge schlug es mir das Ruder aus der linken Hand.» Das Boot kenterte, Struzina landete im Wasser. Eine bittere Enttäuschung für die grossartige Arbeit des Athleten im Vorfeld und auch an dieser WM. Andri Struzina stieg indes zurück ins Boot und beendete das Rennen mit grossem Sportsgeist. Er belegte damit den 6. WM-Rang. 

Jeannine Gmelin: B-Final für die beste Einer-Ruderin der Schweiz
Nicht nach Plan verlief auch der Halbfinal im Frauen-Einer für Jeannine Gmelin. Dass das heutige Rennen ein hartes Stück Arbeit werden würde, war Jeannine Gmelin von Anfang an klar. Nicht überraschend setzte sich die Gesamt-Weltcupsiegerin aus den Niederlanden, Karolien Florijn, vom Beginn weg an die Spitze, dicht gefolgt von der Serbin Jovana Arsic und der Australierin Tara Rigney, der Zweiten des Weltcup-Finals in Luzern. Jeannine Gmelin befand sich mitten im Feld der Verfolgerinnen. 

Während die Serbin zurückfiel, nahm Jeannine Gmelin noch vor der Streckenhälfte Tempo auf und machte sich daran, die auf dem dritten Zwischenrang liegende Chinesin Shiyu Lu zu überholen. Bei Halbzeit trennten die zwei Boote nur 0,22 Sekunden. Die Chinesin aber konterte und erhöhte ihrerseits den Druck. Bei der dritten Abschnittszeit hatte sich der Rückstand Gmelins auf 0,62 Sekunden vergrössert. Auf den letzten 500 Metern schaffte es Jeannine Gmelin nicht mehr, die Chinesin abzufangen und belegte den vierten Rang. «Mir fehlte der Reservetank, den man sich im Winter erarbeitet», gab Jeannine Gmelin zu. «Das ist auf meinen späten Trainingseinstieg zurückzuführen sowie meine COVID-Erkrankung vor fünf Wochen, die mir einen Strich durch meine Vorbereitungen gemacht und sich nicht positiv auf meine Leistungskurve ausgewirkt hat. Dass ich über weite Strecken im Mix der besten Boote war, sind gute Vorzeichen für den weiteren Weg.» Der B-Final, in dem die Ränge 7-12 vergeben werden, ist eine Premiere für die erfolgreichste Schweizer Einer-Ruderin. Letztmals nicht im Final der sechs besten Frauenboote stand sie 2014, an ihrer ersten Elite-WM überhaupt, als sie im C-Final ruderte und den 16. WM-Rang belegte. 

Frauen-Doppelzweier am Sonntag im B-Final
Mit der Qualifikation für den Halbfinal der besten 12 Boote war dem Frauen-Doppelzweier mit Fabienne Schweizer und Nina Wettstein am Mittwoch ein Coup gelungen. Im Halbfinal heute war eine weitere Steigerung notwendig. Keine Blösse gaben sich derweil die Olympiasiegerinnen aus Rumänien. Simona Radis und Ancuta Bodnar setzten sich vom Start weg an die Spitze. Das Duo sollte heute einen Start-Ziel-Sieg feiern. Schweizer / Wettstein ruderten in der ersten Rennhälfte mitten im Verfolgerinnenfeld und lagen nach 500 Metern hinter China, aber noch vor den USA, auf dem fünften Rang. «Leider gelang es uns heute nicht, den flüssigen Rhythmus aus dem Mittwochrennen zu wiederholen», erklärte Nina Wettstein nach dem Rennen. «Das ärgert uns natürlich. Vor allem weil wir jetzt wissen, wie leichtfüssig wir rudern können.» Am Ende holten die USA gar einen A-Final-Platz. Die Schweizerinnen belegten den sechsten Rang und kämpfen an ihrer ersten Elite-WM im B-Final um die Ränge 7-12. «Neben der Enttäuschung über unser heutiges Rennen freuen wir uns sehr auf den B-Final», sagte Fabienne Schweizer. «Diese Qualifikation ist für uns alles andere als selbstverständlich. Wir werden uns gut darauf vorbereiten.»

Eline Rol im Leichtgewichtseiner: WM-Abschluss auf dem 13. Rang
Eline Rol fand heute in der Algerierin Nihed Benchadli eine hartnäckige Kontrahentin. Bug an Bug ging es über die Strecke. Die beiden wechselten sich an der Spitze regelmässig ab. Nachdem die Schweizerin bei der 1500-Meter-Marke 0,20 Sekunden hinter Algerien gelegen hatte, erhöhte sie den Druck, legte auf dem letzten Streckenabschnitt nochmals an Tempo zu und liess Nihed Benchadli im Ziel um 2,23 Sekunden hinter sich. Damit beendete Eline Rol ihre ersten Weltmeisterschaften in der Elite-Kategorie auf dem 13. Rang.

Das Fazit zum Renntag von Verbandsdirektor Christian Stofer:
«Nachdem es am Donnerstag für unser Team sehr gut gelaufen ist, kam es heute anders als erwartet. Die Kenterung von Andri Struzina im A-Final ist gleichbedeutend mit einer verpassten Medaillenchance und daher sehr ärgerlich. Es passierte aber so schnell, dass Andri chancenlos war, die Havarie abzuwenden. Heute riss die jahrelange und beeindruckende Serie von Final-Qualifikationen bei Jeannine Gmelin. Das Feld der Einer-Ruderinnen ist im Umbruch und neue Namen sind in dieser Saison in Top-Ränge vorgestossen. Ich habe Jeannine Gmelin heute die Final-Qualifikation zugetraut und man hat auch gesehen, wie sie für den Finaleinzug gekämpft hat. Heute waren andere schneller und es gilt nun, die Regatta mit einem standesgemässen Resultat abzuschliessen. Am Samstag stehen vier Schweizer Boote im A-Final der olympischen Disziplinen, was wir mit Freude erwarten. Die Mannschaften absolvieren die letzten Trainings und fokussieren sich auf ihre Medaillenrennen.»


Resultate WM Racice (CZE), Freitag, 23.09.2022:

Frauen
Einer Frauen (W1x)
Halbfinal A/B
1. Karolien Florijn (NED) 07:26.68; 2. Tara Rigney (AUS) 07:29.34; 3. Shiyu Lu (CHN) 07:29.62; 4. Jeannine Gmelin (SUI) 07:32.34 (=> B-Final, Ränge 7-12): 5. Emma Lunatti (FRA) 07:39.86; 6. Jovana Arsic (SRB) 07:50.93

Doppelzweier  Frauen (W2x)
Halbfinal A/B
1. Simona Radis / Ancuta Bodnar (ROU) 06:46.97; 2. Magdalena Lobnig / Katharina Lobnig (AUT) 06:50.17; 3. Sophia Vitas / Kristina Wagner (USA) 06:51.53; 4. Diana Serebrianska / Anastasiia Kozhenkova (UKR) 06:51.65; 5. Shuangmei Shen / Yingying Xu (CHN) 07:04.85; 6. Fabienne Schweizer / Nina Wettstein (SUI) 07:07.43 (=> B-Final, Ränge 7-12)

Einer Frauen Leichtgewichte (LW1x)
C-Final (Ränge 13-18)
1. Eline Rol (SUI) 07:48.14 (=> 13. WM-Rang); 2. Nihed Benchadli (ALG) 07:50.37; 3. Susannah Duncan (FRA) 07:52.81; 4. Karissa Riley (CAN) 07:54.75; 5. Georgia Nesbitt (AUS) 07:56.13; 6. Emi Hirouchi (JPN) 08:00.13

Männer
Einer Männer Leichtgewichte (LM1x)
A-Final
1. Gabriel Soares (ITA) 07:03.40; 2. Antonios Papakonstantinou (GRE) 07:05.42; 3. Rajko Hrvat (SLO) 07:08.66; 4. Bruno Cetraro Berriolo (URU) 07:14.79; 5. Baptiste Savaete (FRA) 07:18.31; 6. Andri Struzina (SUI) 09:22.42


Startzeiten Samstag, 24.09.2022:

10.32h M2-; Jonah Plock / Maurin Lange (C-Final)

12.44h M4x; Patrick Brunner, Kai Schätzle, Nils Schneider, Dominic Condrau (B-Final)

14.07h LW2x; Frédérique Rol / Patricia Merz (A-FINAL)

14.23h LM2x; Raphaël Ahumada / Jan Schäuble (A-FINAL)

14.54h M4-; Tim Roth, Andrin Gulich, Joel Schürch, Roman Röösli (A-FINAL)

15.10h W4x; Célia Dupré, Pascale Walker, Lisa Lötscher, Salome Ulrich (A-FINAL)


23.09.2022 / vdg / 18.15h