Silber und Bronze für die Schweiz an der LUCERNE REGATTA
Artikel - Silber und Bronze für die Schweiz an der LUCERNE REGATTA
Der Frauen-Doppelvierer als Fünfter und der Männer-Doppelvierer als Sechstplatzierter verpassten das Weltcuppodium nur knapp. Claire Ghiringhelli belegte im Para-Einer den fünften Rang. Insgesamt klassierten sich fünf Schweizer Boote unter den Top 6.
Bildergalerie LUCERNE REGATTA, Sonntag, 26.05.2024 (Fotos: Detlev Seyb / Maren Derlien)
Strahlender Sonnenschein begrüsste am Sonntag das zahlreich erschienene Ruderpublikum am Luzerner Rotsee. Alles war angerichtet für ein rauschendes Ruderfest mit hochkarätiger Beteiligung.
LM2x: Dynamisches Rennen mit Silber belohnt
Nachdem die Schweizer WM-Zweiten und Europameister Raphaël Ahumada und Jan Schäuble tags zuvor die irischen Weltmeister Paul O’Donovan und Fintan McCarthy erstmals überhaupt hatten schlagen können, wartete das Publikum heute gebannt auf die Antwort der Iren. Für den schnellsten Start aber sorgte Italien mit Gabriel Soares und Stefano Oppo, die Sieger des ersten Weltcups in Varese. Aber auch Irland hatte – entgegen ihrer Tradition – einen schnellen Start gewählt und setzte sich an die zweite Position. Auf dem dritten Rang reihte sich bis zur Rennhälfte die Schweizer Crew ein. «Am Start könnten wir tatsächlich noch etwas rascher ins Rennen kommen. Das werden wir sicherlich noch genauer analysieren und daran arbeiten», sagte Raphaël Ahumada.
Hinter Italien entbrannte in der Folge der erwartete Positionskampf zwischen der Schweiz und Irland, wobei auch Norwegen zwischenzeitlich für Störmanöver sorgte. «Es war eine Herausforderung, exakt bei unserem Rennplan zu bleiben», bilanziert Jan Schäuble nach dem Rennen. «Aber die Atmosphäre hier am Rotsee hat uns ins Ziel getragen.» Die Schweizer schoben sich noch vor der dritten Abschnittsmarke bei 1500 Meter auf den zweiten Rang vor, parierten die letzten Attacken Irlands souverän und verteidigten den Silberplatz bis ins Ziel. Italien feierte derweil einen beeindruckenden Start-Ziel-Sieg. Raphaël Ahumada: «Die Iren in einem Finalrennen zum ersten Mal zu schlagen, war ein wichtiger Schritt für uns Richtung Paris.»
M2-: Rotsee-Bronze in einem Hitchcock-Final hart erkämpft
Die heutige Bronzemedaille der Weltmeister im Zweier ohne Steuermann sollte ein hartes Stück Arbeit werden. Andrin Gulich und Roman Röösli starteten schnell mit einer hohen Schlagzahl von 44 Ruderschlägen pro Minute und blieben einen Tick länger in der hohen Kadenz als die anderen Boote. «Wir hatten beim Start sogar fast den Bug vorne. Etwas, was wir sonst selten schaffen», sagte Roman Röösli nach dem Rennen. Die Europameister Tom George und Oliver Wynne-Griffith setzten sich alsbald an die Spitze, um sich in der Folge von den Schweizern über die Strecke jagen zu lassen. Roman Röösli: «Wir hatten Spass und ruderten von Anfang an auf Angriff.» Der Vorsprung der Briten lag bei der 500-Meter-Marke nur bei 0,51 Sekunden. Bei Halbzeit waren es 1,03 Sekunden.
Danach drehten die Schweizer zur Freude des versammelten Publikums weiter auf und legten einen Zwischenspurt ein. Damit konnten sie wieder auf die Briten aufschliessen. Roman Röösli: «Unseren Rennplan konnten wir bis zum dritten Streckenabschnitt voll umsetzen.» Der Konter der Briten folgte aber umgehend. Tom George und Oliver Wynne-Griffith erhöhten den Druck weiter und gingen 400 Meter vor dem Ziel schon in einen langen Endspurt über.
Daneben startete Spanien eine Aufholjagd, die sich sehen lassen durfte. Auf der Aussenbahn drückte zudem Südafrika. Die Schweizer kamen unter Druck. «Da spürten wir, dass wir zu Beginn des Rennens etwas mehr Kraft verbraucht hatten», erklärte Roman Röösli. Während Grossbritannien vorneweg einen souveränen Sieg feierte, erlebten die Verfolger einen Hitchcock-Final. Die Schweiz spurtete dem Ziel entgegen und wehrte sich nach Kräften gegen die anstürmenden Boote aus Spanien und Südafrika. Spanien schnappte sich hinter Grossbritannien den zweiten Rang, Bronze ging im Fotofinish an die Schweiz, Südafrika wurde Vierter. Das zweite, dritte und vierte Boot trennten insgesamt nur 69 Hundertstelsekunden. Andrin Gulich: «Es macht eine Riesenfreude, am Heim-Weltcup ein derart spannendes Rennen zu rudern und eine Medaille zu gewinnen. Bis Olympia haben wir ja noch zwei Monate Zeit zum Feilen.»
W4x: 0,7 Sekunden fehlten auf das Podium
Der Frauen-Doppelvierer mit Lisa Lötscher, Célia Dupré, Pascale Walker und Fabienne Schweizer ruderte an diesem Wochenende in der Kombination, in welcher sich die Crew vor acht Monaten den Olympia-Quotenplatz gesichert hatte. Pascale Walker war nach einer verletzungsbedingten Zwangsruhe erst vor zwei Wochen ins Boot zurückgekehrt. «Zum Auftakt am Freitag hatte ich mich etwas hibbelig gefühlt, aber heute war es einfach ein tolles Erlebnis – vor allem wegen des Publikums», sagte Pascale Walker nach dem Rennen.
Vor Jahresfrist hatte das Schweizer Frauenboot mit der Bronzemedaille einen historischen Erfolg gefeiert. Eine Wiederholung sollte der Crew heute jedoch verwehrt bleiben. Die Olympiasiegerinnen aus China schossen im Final vom Start weg an die Spitze, was die Welt- und Europameisterinnen aus Grossbritannien auf den Plan rief. Die Schweizerinnen ruderten mitten im Feld. «Der Start ist uns nicht ideal gelungen», erklärte Pascale Walker. «So wurde das ganze Rennen ein grosser Steigerungslauf.» Bis zur Halbzeit hatten die Britinnen die Spitze übernommen. Die Schweiz lag zu diesem Zeitpunkt noch zwei Sekunden hinter einem Podiumsplatz. Deutschland hängte sich bei den Niederlanden ein, die sich auf dem dritten Rang positionierten, was für die Schweiz wenig Spielraum liess. Auf den letzten 500 Rennmetern, beflügelt vom zahlreichen Publikum, zündeten die Schweizerinnen ihren berühmten Endspurt, schafften aber die Sensation heute knapp nicht. Deutschland verteidigte den vierten Rang vor der Schweiz, die sich auf dem fünften Rang klassierte. Auf die drittplatzierten Chinesinnen fehlten gerade mal 0,7 Sekunden. «Wir nehmen heute nur das Positive mit», bilanzierte Lisa Lötscher das Rennen. «An allem anderen arbeiten wir in den nächsten zwei Monaten bis Paris.»
M4x: Sechster Rang im Weltklassefeld
Der Schweizer Doppelvierer mit Maurin Lange, Scott Bärlocher, Jonah Plock und Dominic Condrau traf im Final auf die Weltmeister aus den Niederlanden, die mit einem Start-Ziel-Sieg ihre Olympia-Ambitionen deutlich unterstrichen. Dahinter kämpften vorerst Polen, Italien und die Schweiz um die weiteren Podiumsplätze. «Wir sind zwar relativ gut gestartet», erklärte Jonah Plock. «Wir konnten dann aber im Mittelteil die Pace nicht halten und entsprechend nicht mehr nachlegen.» In der Tat mussten die Schweizer sowohl das deutsche wie auch das britische Boot passieren lassen, ohne das Tempo mitgehen zu können. Trotz kämpferischer Leistung gelang der Anschluss nicht mehr. Dem Schweizer Boot blieb der sechste Weltcuprang. Nach der EM-Silbermedaille vor Monatsfrist wurden dem Schweizer Doppelvierer heute Grenzen aufgezeigt.
Auffällig ist, dass die Schweizer Crew auf technisch anspruchvollerem Gewässer jeweils sichtbar bessere Rennen zeigt als auf dem perfekt flachen Rotsee heute. Da an den Olympischen Spielen in Paris schwierige Ruderbedingungen erwartet werden, dürften jedoch die Erfolgschancen für die Schweizer Vize-Europameister an den Olympischen Spielen intakt sein.
PR1 W1x: Zweitletzter Formtest vor den Paralympics mit dem 5. Weltcuprang
Claire Ghiringhelli, die sich vor drei Wochen für die Paralympics in Paris hatte qualifizieren können, ruderte im Para-Einer an diesem Wochenende ihren zweitletzten Wettkampf vor den paralympischen Spielen. Sie konnte im heutigen Finalrennen in die Vergabe der Medaillen nicht eingreifen und klassierte sich auf dem fünften Weltcuprang. Diese Platzierung entspricht den Resultaten aus den Vorläufen. Die Ruderin aus Brasilien konnte sie hingegen sicher auf Distanz halten.
Früher am Morgen hatten zwei Schweizer Boote die B-Finals um die Weltcupränge 7-12 bestritten.
W1x: Aurelia-Maxima Janzen mit dem 10. Weltcuprang
Aurelia-Maxima Janzen zeigte im Skiff, nach ihrer erfolgreichen Olympia-Qualifikation, auch eine starke Weltcup-Regatta. In jedem Rennen – sei es im Vorlauf gegen Olympiasiegerin Emma Twigg (NZL) sei es im Halbfinal gegen Weltmeisterin Karolien Florijn (NED) – griff die 20-Jährige unerschrocken an und ruderte mitten in der Weltspitze mit. Dass sie den A-Final verpasste, lag wohl am ehesten daran, dass bei der jungen Bernerin nach dieser anstrengen Rennwoche mit insgesamt acht Rennen die Kräfte verständlicherweise langsam zur Neige gingen. Im heutigen B-Final zeigte sie indessen nochmals Biss und klemmte sich am Start an die vorneweg rudernde WM-Vierte Kara Kohler (USA). Im Mittelteil musste sie jedoch die Boote aus Litauen, Usbekistan und Deutschland vorbeiziehen lassen, um aber auf den letzten Rennmetern den vierten Rang noch zurückzuerobern und die Ruderin aus Deutschland hinter sich zu lassen. Damit beendete Aurelia-Maxima Janzen die LUCERNE REGATTA auf dem 10. Weltcuprang.
M4-: Sieg im B-Final entspricht dem 7. Weltcuprang
Auch für den Vierer ohne Steuermann mit Kai Schätzle, Patrick Brunner, Tim Roth und Joel Schürch war es eine anspruchsvolle Woche gewesen. Erst am Dienstag hatte das Boot im Rahmen der finalen Olympia-Qualifikationsregatta, die ebenfalls auf dem Rotsee ausgetragen wurde, den letzten Quotenplatz für die Olympischen Spiele in Paris ergattert. Ein Tag Ruhepause hatte reichen müssen, um sich auf die Weltcup-Regatta von diesem Wochenende vorzubereiten. Dass der Riemenvierer den Finaleinzug tags zuvor knapp verpasst hatte, wurmte natürlich. Entsprechend unterstrich die Crew im heutigen B-Final mit ihrem souveränen Start-Ziel-Sieg vor Frankreich2, dass sie ihre Olympia-Qualifikation verdient haben. Das Boot ruderte ein waches und dynamisches Rennen und vergrösserte seinen Vorsprung kontinuierlich auf exakt drei Sekunden im Ziel. Dieser heutige Sieg entspricht dem 7. Weltcuprang.
Das Fazit des Verbandsdirektors Christian Stofer
«Es waren acht intensive und aufschlussreiche Tage am Rotsee. Mit zwei zusätzlichen Quotenplätzen aus der finalen Olympia-Qualifikationsregatta haben wir unsere Olympia-Mannschaft um einen Drittel vergrössert. Das ist grossartig! Die LUCERNE REGATTA war das erste Aufeinandertreffen mit den Booten aus Übersee. Dies hat den Level der Wettkämpfe erheblich angehoben. Dass wir mit Silber im Leichtgewichts-Doppelzweier sowie mit Bronze im Zweier-ohne zwei Medaillen gewinnen konnten, bestätigt, dass wir Weltklasse-Boote in unserem Kader haben. Der Frauen-Doppelvierer hat sich ebenfalls verbessert gezeigt und war in Podestnähe. Wir haben aber auch gesehen, dass in den kommenden Wochen weiterhin qualitativ hochstehendes Training notwendig sein wird, um Paris in Bestform erreichen zu können. Die Rennverläufe zeigen, dass viele Rennen gerade in der Schlussphase entschieden werden. Der nächste Schritt wird nun der Abschluss des Olympia-Selektionsverfahrens in Zusammenarbeit mit Swiss Olympic sein, damit die Olympia-Mannschaft für Paris finalisiert werden kann.»
Resultate LUCERNE REGATTA, Sonntag, 26.05.2024:
Frauen
Para-Einer (PR1 W1x)
Final
1. Manuela Diening (GER) 10:01.03; 2. Moran Samuel (ISR) 10:01.98: 3. Birgit Skarstein (NOR) 10:08.51; 4. Anna Sheremet (UKR) 10:31.99; 5. Claire Ghiringhelli (SUI) 11:02.05; 6. Claudia Cicero Sabino (BRA) 11:49.50
Einer (W1x)
B-Final
1. Kara Kohler (USA1) 07:42.39; 2. Ieva Adomaviciute (LTU2) 07:43.81; 3. Anna Prakaten (UZB) 07:46.82; 4. Aurelia-Maxima Janzen (SUI) 07:49.10 (=> 10. Weltcuprang); 5. Juliane Faralisch (GER2) 07:50.90; 6. Alice Prokesova (CZE) 08:01.23
Doppelvierer (W4x)
Final
1. Grossbritannien 06:17.74; 2. Niederlande 06:20.10; 3. China 06:20.86; 4. Deutschland 06:21.24; 5. Schweiz (Lisa Lötscher, Célia Dupré, Pascale Walker, Fabienne Schweizer) 06:21.56; 6. Australien 06:30.43
Männer
Doppelzweier der Leichtgewichte (LM2x)
A-Final
1. Gabriel Soares / Stefano Oppo (ITA) 06:17.08; 2. Raphaël Ahumada / Jan Schäuble (SUI) 06:18.13; 3. Paul O'Donovan / Fintan McCarthy (IRL) 06:18.31; 4. Ask Jarl Tjoem / Lars Benske (NOR) 06:23.26; 5. Caetano Horta Pombo / Dennis Carracedo Ferrero (ESP) 06:23.40; 6. Tibo Vyvey / Niels Van Zandweghe (BEL) 06:24.64
Zweier ohne Steuermann (M2-)
A-Final
1. Tom George / Oliver Wynne-Griffith (GBR1) 06:32.56; 2. Javier Garcia Ordonez / Jaime Canalejo Pazos (ESP) 06:35.19; 3. Andrin Gulich / Roman Röösli (SUI) 06:35.77; 4. Christopher Baxter / John Smith (RSA) 06:35.88; 5. James Robson / William Stewart (GBR2) 06:37.74; 6. John Kearney / Ross Corrigan (IRL1) 06:41.52
Doppelvierer (M4x)
Final
1. Niederlande 05:44.98; 2. Polen 05:46.50; 3. Italien 05:49.25; 4. Grossbritannien 05:50.16; 5. Deutschland 05:53.91; 6. Schweiz (Maurin Lange, Scott Bärlocher, Jonah Plock, Dominic Condrau) 05:59.76
Vierer ohne Steuermann (M4-)
B-Final
1. Schweiz (Kai Schätzle, Patrick Brunner, Tim Roth, Joel Schürch) 06:05.52 (=> 7. Weltcuprang); 2. Frankreich2 06:08.52; 3. Usbekistan 06:14.94; 4. Chile 06:18.35
26.05.2024 / vdg / 16.00h