Nina Thölkings Weltrekord im Wohnzimmer
Artikel - Nina Thölkings Weltrekord im Wohnzimmer

«Die WM-Goldmedaille sollte mittlerweile auf dem Weg zu mir sein», lacht Nina Thölking. «Zumindest wurde mir das per E-Mail so mitgeteilt.» Die zweifache Mutter arbeitet für ein grosses Schweizer Pharmaunternehmen und feierte am 8. März ihren 41. Geburtstag. Seit einigen Jahren mischt die ehemalige deutsche Leistungsschwimmerin mit herausragenden Leistungen insbesondere auf dem Ergometer die Schweizer Ruderszene auf.
Bereits bei ihrer ersten Teilnahme an den Swiss Rowing Indoors im Jahr 2020 holte Nina Thölking direkt die Bronze-Medaille. Der grosse Coup gelang ihr aber 2021: Sie siegte mit einem neuem Swiss Indoor Rekord von 6:46.00, der heute noch Bestand hat. 2022 und 2023 wurde sie hinter der Elite-Kaderruderin Pascale Walker jeweils Zweite.
Nachdem Nina Thölking an den World Rowing Indoor Championships 2020 in Paris WM-Silber in der Altersgruppe Masters 30-39 gewonnen hatte, nahm sie in diesem Jahr den Weltrekord in der Altersgruppe 40-44 ins Visier. «Die Bestmarke lag seit 2003 bei 6:48,2», erklärt die 41-Jährige. «Ich wusste, dass ich es darunter schaffen kann.» Ein neuer Weltrekord in dieser Altersgruppe lag in greifbarer Nähe.
Weltrekord im Wohnzimmer
Das heimische Wohnzimmer wurde indessen eher notgedrungen zum Wettkampfort umgestaltet. «Normalerweise steht der Ergometer im Keller», erklärt Nina Thölking. «Da ich aber Angst vor einem Aussetzer der Internetverbindung hatte, entschieden wir uns für den Umzug des Geräts.» Ehemann Dirk, hauptamtlich Cheftrainer und technischer Direktor des Schwimmclubs Aarefisch und zudem verantwortlich für Ninas Trainingsplanung, nahm die notwendigen Installationen vor. «Er machte das technische Setup und schloss den Ergometer per Lan-Kabel direkt an den Internet-Router an.» Dann verabschiedete er sich nach Lausanne an einen Schwimmwettkampf. Die zwei Kinder schickte Nina Thölking kurz vor dem Wettkampf auf das Zimmer, wo sie – genau wie ihr Ehemann in Lausanne – den Wettkampf online verfolgen konnten. «Erst nach dem Zieldurchlauf rief ich die Kinder glücklich zurück zu mir.» Der neue Weltrekord in der Altersgruppe 40-44 von 6:47,40 kann sich sehen lassen. Selbst in der offenen Elite-Kategorie hätte diese Zeit für WM-Bronze gereicht. «Es war mir wichtig zu zeigen, dass es auch in diesem Alter noch möglich ist, eine starke Leistung zu zeigen», sagt sie nicht ohne Stolz.
Neben ihrer Performance auf dem Ruderergometer möchte sie auch auf dem Wasser weiter Fortschritte machen. «Letzten Winter konnte ich zwar etwas weniger auf dem Wasser trainieren, da mich mein Trainer Urs Graf aus gesundheitlichen Gründen nicht begleiten konnte.» Trotzdem: An den verbandsinternen Langstreckentests nimmt sie im Skiff regelmässig teil, um sich mit den Elite-Kaderruderinnen zu messen. Über eine erneute Einladung an die Verbands-Trials würde sie sich freuen. Zu ihren nächsten Zielen gehört die Teilnahme an den Schweizermeisterschaften auf dem Rotsee. Daneben zieht sie im Herbst auch Wettkämpfe im Coastal Rowing in Betracht. In dieser actiongeladenen Ruderdisziplin gibt es noch viel Entwicklungspotenzial. Nicht zuletzt werden an den Olympischen Spielen in Los Angeles 2028 erstmals OlympiasiegerInnen gekürt.
08.03.2023 / vdg