Europas Ruder-Elite trifft erstmals in dieser Saison aufeinander

Europas Ruder-Elite trifft erstmals in dieser Saison aufeinander

Artikel - Europas Ruder-Elite trifft erstmals in dieser Saison aufeinander

Das SWISS ROWING Team reist mit 11 Booten an die Europameisterschaften nach Bled (Slowenien; 25.-28.05.2023). Die fünf Boote, die beim Saisonauftakt in Zagreb mit ihren Weltcupsiegen für Furore gesorgt haben, stehen an der EM in unveränderter Besetzung im Einsatz.

Mit Claire Ghiringhelli hat der Verband SWISS ROWING erstmals eine Para-Ruderin für internationale Meisterschaften selektioniert. Der Verband setzt sich an der EM zwei A-Finalplätze und den Gewinn einer Medaille zum Ziel. 


Trainingsbilder EM-Bled vom Dienstag, 23.05.203 (Fotograf: Detlev Seyb)


560 Ruderinnen und Ruderer aus 33 Nationen sind an der EM in Bled gemeldet. Der malerische Luftkurort liegt an den Ausläufern der Julischen Alpen und führte 2015 auf dem Bleder See letztmals eine Weltcup-Regatta durch. Auf die EM hin stossen nun Nationen hinzu, die bei der ersten Weltcup-Regatta vor drei Wochen noch fehlten. Die Erwartungen an das SWISS ROWING Team sind nach den insgesamt 9 Medaillen beim Weltcupauftakt in Zagreb (5x Gold, 2x Silber, 2x Bronze) gestiegen. Entsprechend bereitete sich das Schweizer Elite-Kader im Rahmen eines zweiwöchigen Trainingslagers in Italien auf die Europameisterschaften vor. 

Zweier-ohne: Andrin Gulich / Roman Röösli mit Medaillenpotenzial 
Dass Andrin Gulich und Roman Röösli zum Saisonstart mit ihrem Weltcupsieg im Zweier ohne Steuermann derart einschlagen würden, war ein eindrücklicher Beweis für das grosse Potenzial der beiden Leistungsträger im Olympia-Riemenprojekt. Nachdem die Schweizer in Zagreb die WM-Zweiten Spanien und -Vierten Serbien hinter sich lassen konnten, treffen sie an der EM zusätzlich auf Weltmeister / Europameister Rumänien und die WM-Dritten / EM-Zweiten aus Grossbritannien. «Ich freue mich darauf und bin gespannt, wo wir uns einreihen werden», sagt Roman Röösli. «Die Rivalität mit den Briten, die beide 2022 im unterlegenen Cambridge-Achter sassen, als ich mit dem Oxford-Achter gewann, stachelt mich natürlich zusätzlich an. Nichtsdestotrotz gelten die Briten im Riemenzweier als echter Gradmesser.» Die zwei Trainingswochen in Italien nutzten Andrin Gulich / Roman Röösli für letzte Justierungen: «Natürlich standen hohe Trainingsvolumen und -intensitäten auf dem Programm. Aber wir hatten auch Zeit für einige technische Verbesserungen.» Nicht ohne Grund. Das Steuern gelang dem Duo in Zagreb nicht optimal. «Es ist ein längerer Prozess, das Steuern im Unterbewusstsein zu verankern», erklärt Roman Röösli. Eine eindrückliche Anzahl von 19 Booten steht in Bled am Start.  

Auch der Vierer ohne Steuermann mit Patrick Brunner, Kai Schätzle, Joel Schürch und Dominic Condrau gehörte in Zagreb zu den Weltcupsiegern. Die Crew lieferte bei ihrem ersten Rennen in dieser Besetzung das Gesellenstück ab. Am kommenden Wochenende geht es um eine Leistungsbestätigung auf Top-Niveau. An der EM in Bled stossen mit Europameister Grossbritannien, den Niederlanden und Rumänien Boote hinzu, welche die Schweiz im vergangenen Jahr (noch) nicht zu schlagen vermochte. Es sind insgesamt 11 Boote gemeldet. 

12 Boote sind es im Männer-Doppelvierer. Die junge Schweizer Crew mit Maurin Lange, Nils Schneider, Jonah Plock und Scott Bärlocher holte in Zagreb Bronze. In Bled wird die absolute Weltelite aufeinandertreffen, zumal im vergangenen Jahr selbst im WM-Final einzig europäische Boote die Ränge 1-6 unter sich ausmachten. Polen, Grossbritannien, Italien und Rumänien werden auch an der EM zu den grossen Favoriten gehören. 

Frauen-Doppelzweier: Lisa Lötscher / Fabienne Schweizer erneut mit Start in zwei Bootsklassen
Beim Weltcup in Zagreb wollte sich der Frauen-Doppelvierer mit zusätzlichen Starts im Doppelzweier vor allem Rennhärte aneignen. Dabei setzten sich Lisa Lötscher und Fabienne Schweizer mit ihrem beeindruckenden Weltcupsieg derart in Szene, dass sie nun auch an der EM für einen Doppelstart sowohl im Doppelzweier als auch Doppelvierer selektioniert wurden. Eine Premiere für den Verband SWISS ROWING – und durch die Doppelbelastung eine Herausforderung für die zwei Ruderinnen. Fabienne Schweizer: «Das ist für uns eine Chance, um viele wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Diese brauchen wir, um uns an der WM für Olympia zu qualifizieren.» 13 Boote sind gemeldet, darunter die Weltmeisterinnen / Europameisterinnen aus Rumänien, wenn auch in leicht veränderter Besetzung, sowie die Vize-Weltmeisterinnen / -Europameisterinnen aus den Niederlanden. «Die Vorfreude ist riesig», sagt Lisa Lötscher. «Wir gehen mit einem klaren Kopf an jeden Rennstart und rudern nach dem Motto: young, wild and free.»

Im Frauen-Doppelvierer gab es nach dem Weltcup in Zagreb im Rahmen des Trainingslagers noch einige Testrennen in unterschiedlichen Besatzungen. In der Folge entschied sich das Trainerteam, an den Europameisterschaften den Frauen-Doppelvierer umzubesetzen. Lisa Lötscher übernimmt die Position am Schlag, während Pascale Walker und Fabienne Schweizer im sogenannten «Maschinenraum» in der Mitte des Bootes rudern werden. Im Bug rudert die dritte Luzernerin im Boot, Salome Ulrich. Sofia Meakin übernimmt an der EM die Rolle als Ersatzruderin und bereitet sich auf die im Juni anstehenden Trials vor. An der EM im vergangenen Jahr in München klassierten sich einzig Grossbritannien, die Niederlande und Ukraine vor dem Schweizer Boot. Insgesamt sind 12 Nationen gemeldet.

Frauen-Einer: Erste internationale Meisterschaften auf Elitestufe für Aurelia-Maxima Janzen
Gerade mal um 0,02 Sekunden hatte Aurelia-Maxima Janzen beim Weltcupauftakt in Zagreb hinter der Spanierin Virginia Diaz Rivas den Weltcupsieg und damit eine grosse Sensation verpasst. Entsprechend ist die erstmalige Selektion der Bernerin für die Elite-Europameisterschaften hochverdient. Die erst 19-jährige Einer-Ruderin wird dabei auf 15 weitere Boote treffen. Darunter befindet sich neben der oben erwähnten Spanierin auch die EM-Titelverteidigerin Karolien Florijn aus den Niederlanden. Für Aurelia-Maxima Janzen geht es an der EM in Bled darum, weitere Erfahrung auf Elite-Stufe zu sammeln, um sich auf ihr grosses Saisonziel, die U23-Weltmeisterschaften im Juli, vorzubereiten. 

Schweizer Leichtgewichte gehören zu den Favoritenbooten
Mit dem Weltcupsieg im Doppelzweier der Leichtgewichte haben Raphaël Ahumada und Jan Schäuble die internationale Wettkampfsaison exakt gleich begonnen wie im Vorjahr. 18 Nationen sind in Bled gemeldet. Titelverteidiger Irland zwar auch, aber in komplett neuer Besetzung aus dem Nachwuchsbereich. Ein besonderes Augenmerk gilt sicherlich den Vize-Europameistern aus Italien. Stefano Oppo, im Vorjahr noch mit Pietro Ruta EM-Zweiter, rudert neu mit Gabriel Soares, dem amtierenden Weltmeister im Leichtgewichtseiner. Die Schweiz verteidigt ihrerseits EM-Bronze und hegt als ehrgeiziges Duo Ambitionen. «Unser Ziel ist es, an den Erfolg der EM in München anzuknüpfen», sagt Raphaël Ahumada. Jan Schäuble fügt an: «Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir auf der zweiten Rennhälfte konstanter fahren als noch letztes Jahr.»

Abgeklärt und routiniert siegten beim Weltcupauftakt auch Frédérique Rol und Patricia Merz im Doppelzweier der Leichtgewichte und sicherten sich damit die EM-Selektion. In Bled werden sie auf 10 weitere Booten treffen. Darunter befinden sich grösstenteils bekannte Namen. In unveränderter Besetzung verteidigen die Welt- und Europameisterinnen aus Grossbritannien, Imogen Grant und Emily Craig, ihren Titel. Auch Frankreich tritt mit Claire Bove und Laura Tarantola unverändert an. Zu den weiteren starken Nationen gehören Irland und Italien, die sich jeweils in einem Rollsitz verändert haben. «Wir haben in den letzten Wochen an unserer Explosivität gearbeitet, unseren Rennplan verfeinert und weiterhin unserem Prozess vertraut», freut sich Frédérique Rol auf das grosse Messen der europäischen Elite.  

Im Leichtgewichtseiner verteidigt Andri Struzina die EM-Bronzemedaille. 15 Nationen stehen am Start. Darunter auch der slowenische Lokalmatador Rajko Hrvat, Sieger beim Weltcupauftakt in Zagreb, an dem Andri Struzina die Silbermedaille gewann. Hrvat dürfte sich in Bled grosser lokaler Unterstützung erfreuen. Spielverderber könnte einmal mehr Irland sein. Mit Fintan McCarthy möchte der Weltmeister im leichten Doppelzweier nun als Solist den EM-Titel gewinnen. Mit Niels Torre aus Italien und Peter Galambos aus Ungarn gibt es weitere Leichtgewichtsruderer, die es im Auge zu behalten gilt. 

Nachdem Eline Rol / Olivia Nacht in Zagreb zwar Weltcup-Bronze im Doppelzweier der Leichtgewichte gewonnen hatten, jedoch im Kampf um die EM-Selektion dem Duo Frédérique Rol / Patricia Merz unterlegen waren, wurde Eline Rol für die EM im Leichtgewichtseiner selektioniert. Olivia Nacht reist als Ersatzfrau nach Bled. Insgesamt sind 13 Nationen im Leichtgewichtseiner gemeldet. Welt- und Europameisterin Ionela Cozmiuc verteidigt ihren Titel. Auch die Italienerin Stefania Buttignon und die Griechin Evangelia Anastasiadou gilt es zu beachten. Eine weitere Mitfavoritin aber fehlt: Die starke Niederländerin Martine Veldhuis hat in die offene Gewichtsklasse gewechselt und rudert neu im Frauen-Doppelvierer.   

Erstmaliger Start einer Para-Ruderin für die Schweiz
Wettkämpfe im Para-Rowing wurden erstmals 2002 anlässlich der WM in Sevilla durchgeführt. Seit 2008 paralympisch, wird Para-Rowing seit sechs Jahren über die volle Renndistanz von 2000 Metern ausgetragen. Für die EM in Bled selektioniert der Verband mit Claire Ghiringhelli erstmals eine Ruderin im Para-Einer (PR1 W1x). Die schweizerisch-französische Doppelbürgerin ist Rollstuhlfahrerin aufgrund ihrer Querschnittlähmung und verfügt über noch wenig internationale Rennerfahrung im Para-Einer. Gespannt darf man auf ihre internationale Feuertaufe sein, trifft sie doch auf sehr bekannte und mit Medaillen hochdekorierte Athletinnen. Claire Ghiringhelli hat sich Mitte April anlässlich der internationalen französischen Meisterschaften den Startplatz für die EM in Bled gesichert. Insgesamt sind sieben Boote am Start. Claire Ghiringhelli verfolgt das Ziel, sich für die paralympischen Spiele 2024 in Paris zu qualifizieren. 


Schweizer Boote an der EM in Bled, 25.-28.05.2023:

Skiff Frauen (W1x)
Aurelia-Maxima Katharina Janzen (SC Caslano e Malcantone)

Skiff Frauen Leichtgewichte (LW1x)
Éline Rol (Société Nautique Genève, Section Aviron)

Doppelzweier Frauen (W2x)
Lisa Lötscher (Seeclub Luzern)
Fabienne Schweizer (Seeclub Luzern)

Doppelzweier Frauen Leichtgewichte (LW2x)
Frédérique Rol (Lausanne Sports, Section Aviron)
Patricia Merz (See-Club Zug)

Doppelvierer Frauen (W4x)
Lisa Lötscher (Seeclub Luzern)
Pascale Walker (Ruderclub Zürich)
Fabienne Schweizer (Seeclub Luzern)
Salome Ulrich (Seeclub Luzern)

Skiff Leichtgewichte Männer (LM1x)
Andri Struzina (See-Club Zug)

Zweier ohne Steuermann (M2-)
Andrin Gulich (Seeclub Küsnacht)
Roman Röösli (Seeclub Sempach)

Doppelzweier Leichtgewichte Männer (LM2x)
Raphaël Ahumada Ireland (Forward Rowing Club Morges)
Jan Schäuble (Seeclub Stansstad)

Vierer ohne Steuermann (M4-)
Patrick Brunner (Seeclub Sempach)
Kai Schätzle (Seeclub Luzern)
Joel Schürch (Seeclub Sursee)
Dominic Condrau (Ruderclub Rapperswil-Jona)

Doppelvierer Männer (M4x)
Maurin Lange (Seeclub Luzern)
Nils Schneider (Seeclub Biel)
Jonah Plock (Ruderclub Rapperswil-Jona)
Scott Bärlocher (Ruderclub Baden)

Para-Einer (PR1 W1x)
Claire Ghiringhelli (SC Locarno)

Ersatzruderinnen
Sofia Meakin (CA Vésenaz)
Olivia Nacht (Ruderclub Baden)


22.05.2023 / vdg / 17.10h