Elf Schweizer Boote an der EM in München

Elf Schweizer Boote an der EM in München

Artikel - Elf Schweizer Boote an der EM in München

Ein Jahr nach den Olympischen Spielen in Tokio gibt Spitzenruderer Roman Röösli an der EM in München sein Comeback im Vierer ohne Steuermann.

Mit Jeannine Gmelin, 2. und 3. Weltcuprang im Frauen-Einer, Raphaël Ahumada / Jan Schäuble, Weltcupsieger und Gesamt-Weltcupsieger im Doppelzweier der Leichtgewichte, sowie Pascale Walker, Lisa Lötscher, Salome Ulrich und Célia Dupré, Weltcup-Zweite im Frauen-Doppelvierer, gehören die erfolgreichsten Schweizer Boote der bisherigen Rudersaison zum Kreis der EM-Medaillenanwärter. Insgesamt stehen 11 Schweizer Boote in München am Start. 

Vier Jahre nach den European Championships in Glasgow findet vom 10.-21. August 2022 in München erneut eine attraktive Multisport-EM statt. Die Ruderwettkämpfe werden vom 11.-14. August auf der Regattastrecke der Olympischen Spiele von 1972 im nördlich von München gelegenen Oberschleissheim ausgetragen. 

Roman Röösli: Comeback im Vierer ohne Steuermann
Nach seinem Masterstudium an der Universität Oxford, während dem er beim legendären Achterrennen zwischen den Universitäten Oxford und Cambridge im siegreichen Oxford-Achter gerudert hatte, kehrte Roman Röösli vor wenigen Wochen ins Schweizer Ruder-Nationalkader zurück. Der begnadete Techniker rudert fortan im Vierer ohne Steuermann und will sich mit diesem Boot einen Startplatz an den Olympischen Spielen in Paris sichern. «In Oxford habe ich das Riemenrudern lieben gelernt», erklärt Roman Röösli. «Zudem stellt der Vierer-ohne eine neue sportliche Herausforderung für mich dar. Nicht zuletzt führte Headcoach Ian Wright mehrere Riemenboote zu Olympia-Medaillen. Darum verspreche ich mir eine erfolgreiche Entwicklung des Bootes hinsichtlich Paris 2024.» 

Mit Schlagmann Andrin Gulich und Joel Schürch rudern im Boot zwei bestehende Mitglieder des Olympia-Vierers, der im Vorjahr in Tokio den neunten Olympia-Rang belegt hatte. Der 21-jährige Zwei-Meter-Nachwuchsmann Tim Roth komplettiert das «neue» Quartett. Das Boot trainiert erst seit Ende Juni gemeinsam. Die EM-Rennen werden gemäss Roman Röösli einer ersten Standortbestimmung dienen: «Wir möchten jetzt sehen, was alles drin liegt. Unser Ziel ist die Qualifikation für den A-Final.» Mit 15 Booten ist ein ansehnliches Teilnehmerfeld gemeldet. Die Briten dürften das Mass aller Dinge sein. Sie sind die Sieger der Weltcup-Regatten von Belgrad und Luzern. Daneben gehören Rumänien, Deutschland, Niederlande, Polen und Italien zu den erwarteten Medaillenanwärtern. Mit den Booten aus Irland, Österreich, Litauen und Dänemark sind weitere neu zusammengestellte Mannschaften am Start in München, was einen attraktiven Wettkampf verspricht. 

Raphaël Ahumada / Jan Schäuble: Das Duo im Doppelzweier der Leichtgewichte
Für die Selektion der EM-Crew im Doppelzweier der Leichtgewichte wurden Raphaël Ahumada, Jan Schäuble und Andri Struzina während der Weltcup-Saison in jeder Kombination im Wettkampf getestet, biomechanische Messungen angestellt und die Entwicklungskurve berücksichtigt. Der Sieg im Gesamt-Weltcup war ein beeindruckender Teamerfolg des Trios und machte die EM-Selektion nicht einfacher. Auf Antrag des Headcoachs Ian Wright entschied sich das Selektionsgremium von SWISS ROWING für Raphaël Ahumada und Jan Schäuble im Doppelzweier. Mit dem Waadtländer und dem Nidwaldner rudert die Kombination, die beim Weltcup-Auftakt in Belgrad den Weltcupsieg im leichten Doppelzweier errungen hatte. «Im Trainingslager in Frankreich versuchten wir so viele gemeinsame Kilometer wie möglich zu sammeln und haben an der Synchronität, Blattführung und am Timing gearbeitet», sagt Jan Schäuble. «Wir sind zudem mit neuen Rudern unterwegs und versprechen uns damit noch schnellere Zeiten.» Das Duo trifft auf ein Teilnehmerfeld von 15 Booten mit besonderer Aufmerksamkeit auf Olympiasieger Irland, Italien, Norwegen, Frankreich, Tschechien und Polen.

Andri Struzina wird im Leichtgewichtseiner um einen Startplatz im A-Final kämpfen und rudert in einem Teilnehmerfeld von 14 Booten. Andri Struzina hat im Einer in den letzten Wochen starke Trainingsleistungen gezeigt. Er tritt in München in dieser Saison erstmals im Leichtgewichts-Skiff international an und trifft auf starke Konkurrenten wie den Iren Fintan McCarthy, den Slowenen Rajko Hrvat, den Italiener Gabriel Soares oder die traditionell starken Leichtgewichtsruderer aus Griechenland, Dänemark, Österreich, Ungarn und Norwegen. Man darf gespannt sein auf das Abschneiden des ETH-Studenten Andri Struzina. 

Jeannine Gmelin im Frauen-Einer: Konstanz auf hohem Niveau
Mit ihrem zweiten Rang beim Weltcup in Polen sowie dem dritten beim Heimweltcup in Luzern hat Jeannine Gmelin bewiesen, dass ihr Fahrplan Richtung EM und WM stimmt. Die 32-Jährige fühlt sich nach ihrer längeren Auszeit nach den Olympischen Spielen frisch und voller Tatendrang. So liess sich bei ihren Weltcup-Starts mit Freude auf die Zweikämpfe mit der neu im Elite-Feld vertretenen Alexandra Föster (GER) ein. An die EM wird Jeannine Gmelin direkt aus dem Trainingslager in Portugal anreisen. «Ich habe die Wochen seit der LUCERNE REGATTA genutzt, um das Trainingsvolumen hochzufahren und wieder mehr Ruderkilometer zu absolvieren - dies vor allem vor dem Hintergrund, dass ich die WM im September als Saisonhöhepunkt anpeile», sagt Jeannine Gmelin. «Auch wenn mir an der EM immer noch eine gewisse Wettkampffertigkeit fehlen dürfte, bin ich trotzdem überzeugt, gute Rennen fahren zu können.» 

In München wartet ein Feld von 16 Ruderinnen. Alexandra Föster, die ihren U23-Weltmeistertitel erst vor 10 Tagen in Varese verteidigt hat und in Luzern den Weltcup-Final gewinnen konnte, befindet sich in Topform und wird sich als Vertreterin des Gastgeberlandes wohl nicht zwei Mal bitten lassen. Grosse Favoritin im Einer der Frauen ist nach ihren beiden Weltcup-Siegen in Belgrad und Poznan indes die Niederländerin Karolien Florijn, die auf diese Saison hin aus dem Vierer ohne Steuerfrau in den Einer umgestiegen ist und auf Anhieb durchschlagenden Erfolg feiern konnte. Ebenfalls wieder am Start ist die Olympia-Dritte Magdalena Lobnig aus Österreich. 

Frauen-Doppelvierer: vor der Leistungsbestätigung
Eine rudertechnische Augenweide waren die Rennen des Frauen-Doppelvierers mit Pascale Walker, Lisa Lötscher, Salome Ulrich und Célia Dupré anlässlich der Weltcup-Regatta in Polen. Die verdiente Silbermedaille war für das Boot ein erster grosser Erfolg auf dem Weg Richtung Olympische Spiele 2024 in Paris. Beim Weltcup in Luzern jäh von Corona-Infektionen ausgebremst, verfolgte das Quartett anlässlich eines zweiwöchigen Trainingslagers in Frankreich einen kontinuierlichen Aufbau. «Wir konnten uns Schritt für Schritt unseren Speed zurückholen und weitere Fortschritte machen», erklärt Schlagfrau Pascale Walker. An der EM in München soll nun eine erfolgreiche Leistungsbestätigung die Weiterentwicklung in Richtung WM in Tschechien im September positiv beeinflussen. Acht Nationen sind in München gemeldet. Die Blicke richten sich dabei neben der Schweiz insbesondere auf die Niederlande, Deutschland, Grossbritannien, Rumänien, Italien und Frankreich. Pascale Walker: «Alle Boote, die gemeldet sind, sind unglaublich stark. Für uns ist es schwierig einzuschätzen, wo wir landen können. Es wird also sicherlich spannend. Wir wollen so weit wie möglich nach vorne fahren und freuen uns auf die gemeinsamen Rennen.» 

Männer-Doppelvierer: an der EM wieder in Originalbesetzung
Pech hatte beim Weltcup in Luzern auch der Männer-Doppelvierer, als der Schlagmann Kai Schätzle coronabedingt forfait geben musste. Mit dem kurzfristig am Schlag eingesetzten «Ersatzmann» Jan Schäuble klassierte sich das Boot in Luzern auf dem 10. Weltcup-Rang. Die Originalbesetzung mit Kai Schätzle, Patrick Brunner, Nils Schneider und Dominic Condrau ist seither indessen wieder komplett, absolvierte in Frankreich anspruchsvolle Trainingskilometer und rudert an der EM in einem 15 Boote umfassenden Teilnehmerfeld. Das Schweizer Boot peilt einen Startplatz im A-Final an, was der Crew an den ersten beiden Weltcup-Regatten dieser Saison mit dem fünften und sechsten Weltcup-Rang bereits gelungen ist.

Zweier ohne Steuermann: Vorfreude auf angriffige Rennen von Jonah Plock und Maurin Lange  
Dank einer gesunden Portion Unerschrockenheit konnte sich die Nachwuchscrew Jonah Plock / Maurin Lange Mitte Juni beim Weltcup in Poznan trotz ausgesprochen schwieriger Ruderbedingungen erstmals einen Startplatz im A-Final ergattern. Der Zweier ohne Steuermann wurde ausgezeichneter Fünfter. An der EM in München müssen die beiden eine weitere Schippe drauflegen, zumal im Zweier-ohne 17 Nationen gemeldet sind.  

Männer Einer: Scott Bärlocher im Einer-Feld von 21 Nationen
Die EM scheint für einige Skiffiers der perfekte Ort für eine Rückkehr auf die internationale Wettkampfbühne zu sein. So haben seit den Olympischen Spielen in Tokio sowohl der Olympiasieger Stefanos Ntouskos (GRE) als auch der Olympia-Zweite Kjetil Borch (NOR) kein einziges internationales Rennen mehr bestritten. Eine Scharte auszuwetzen hat an der EM dafür der Deutsche Oliver Zeidler, der es in Tokio nicht in den A-Final geschafft hatte, dessen Trainingsstützpunkt jedoch München ist. Zeidler ist amtierender Welt- und Europameister. Ein Augenmerk gilt sicherlich auch Melvin Twellaar (NED) und Graeme Thomas (GBR). Die Olympia-Medaillengewinner/-Finalisten im Doppelzweier rudern seit dieser Saison im Skiff. Den gleichen Weg genommen hat der Ire Philipp Doyle aus dem starken irischen Doppelzweier. Er tritt in dieser Saison erstmals im Einer an. Scott Bärlocher wird versuchen, sich in dieser illustren Gruppe in den Top 10 zu platzieren. 

Frauen-Doppelzweier: Mehr Wettkämpfe, mehr Erfahrung für Nina Wettstein und Fabienne Schweizer 
Noch fehlt Nina Wettstein und Fabienne die notwendige gemeinsame Wettkampf-Routine im Doppelzweier. Im Trainingslager in Frankreich arbeiteten die beiden jedoch intensiv an der Synchronität in hoher Intensität.  An der EM dürften weitere Entwicklungsschritte folgen. 14 Nationen stehen in dieser Bootsklasse am Start. Angeführt wird das Teilnehmerinnenfeld von den rumänischen Olympiasiegerinnen Simona Radis/Ancuta Bodnar. Im irischen Boot sitzt mit Sanita Puspure die Skiff-Weltmeisterin von 2018 und 2019.  

Frauen-Doppelzweier der Leichtgewichte: Die Rückkehr von Frédérique Rol und Patricia Merz
Der Einstieg in die diesjährige Wettkampfsaison verlief den zwei Leichtgewichtsruderinnen nicht nach Wunsch. Bei ihrem ersten internationalen Auftritt anlässlich des Weltcups in Polen kamen die beiden, nach schönen Siegen im Vorlauf und Halbfinal, im A-Final nicht auf Touren und belegten den sechsten Rang. Wie sich nach der Rückkehr in die Schweiz herausstellte, war eine Corona-Infektion der Grund für den überraschenden Leistungseinbruch gewesen. Die Erholungszeit dauerte länger als erwartet. Der Rückzug vom Heimweltcup in Luzern war die schmerzliche Folge. «Wir wählten darum einen langsamen Aufbau und sind in einer ersten Phase viel Velo gefahren», sagt Patricia Merz. Nun ist das Duo wieder bereit. Es absolvierte sein Trainingslager gemeinsam mit Jeannine Gmelin in Portugal und wird ebenfalls direkt aus dem Trainingscamp nach München reisen. «Wir hatten in Portugal super Bedingungen und konnten viel Zeit im Boot verbringen. Nun freuen wir uns auf die EM und sind gespannt, wo wir stehen.» Insgesamt rudern 12 Boote um den Einzug in den Final der besten sechs. Mit den Olympiasiegerinnen aus Italien, den Olympia-Zweiten aus Frankreich sowie den in dieser Saison stark auffahrenden Britinnen sind renommierte Crews am Start. Nicht am Start sind die in dieser Bootsklasse traditionell starken Niederländerinnen. 

Leichtgewichtseiner der Frauen: Eline Rol
Alle Blessuren auskuriert hat mittlerweile Eline Rol. Bei einem Rennradtraining in der Westschweiz war sie im Juni von einem Auto angefahren worden. Die Rehabilitationszeit hielt sie nicht vom Training und der Teilnahme am Weltcup in Luzern ab, wo sie im Leichtgewichtseiner den 9. Rang belegte. 11 Ruderinnen werden in München um den Einzug in den A-Final kämpfen. Die Britin Madeleine Arlett, die Niederländerin Martine Veldhuis, die erfahrene Deutsche Marie-Louise Dräger, die junge Irin Aoife Casey und die Spanierin Natalia Miguel Gomez dürften zu den Favoritinnen zählen. Olivia Nacht, am Weltcup Luzern als zweite Leichtgewichts-Skifferin am Start, nimmt an der EM in München die Rolle der Ersatzruderin wahr. 


Provisorisches Rennprogramm EM-München (11.-14.08.2022)


Die Schweizer Boote an der EM in München:
Frauen
Einer Frauen Leichtgewichte (LW1x)
Eline Rol (Société Nautique Genève, Section Aviron)

Einer Frauen (W1x) 
Jeannine Gmelin (Ruderclub Uster)

Doppelzweier Frauen Leichtgewichte (LW2x)
Frédérique Rol (Lausanne Sports, Section Aviron)
Patricia Merz (Seeclub Zug)

Doppelzweier Frauen (W2x)
Nina Wettstein (Seeclub Stäfa)
Fabienne Schweizer (Seeclub Luzern)

Doppelvierer Frauen (W4x)
Pascale Walker (Ruderclub Zürich)
Lisa Lötscher (Seeclub Luzern)
Salome Ulrich (Seeclub Luzern)
Célia Dupré (Club d’Aviron Vésenaz)


Männer
Einer Männer Leichtgewichte (LM1x)
Andri Struzina (Seeclub Zug)

Einer Männer (M1x)
Scott Bärlocher (Ruderclub Baden)

Doppelzweier Männer Leichtgewichte (LM2x)
Raphaël Ahumada (Forward Rowing Club Morges)
Jan Schäuble (Seeclub Stansstad)

Zweier ohne Steuermann Männer (M2-)
Jonah Plock (Ruderclub Rapperswil-Jona)
Maurin Lange (Seeclub Luzern)

Vierer ohne Steuermann Männer (M4-)
Andrin Gulich (Seeclub Küsnacht)
Roman Röösli (Seeclub Sempach)
Tim Roth (Grasshopper Club Zürich, Ruder-Sektion)
Joel Schürch (Seeclub Sursee)

Doppelvierer Männer (M4x)
Kai Schätzle (Seeclub Luzern)
Patrick Brunner (Seeclub Sempach)
Nils Schneider (Seeclub Biel)
Dominic Condrau (Ruderclub Rapperswil-Jona)

Ersatzruderin
Olivia Nacht (Ruderclub Baden)